Kiel. Ob er hier eigentlich auch in der Küche anzutreffen ist? Volker Fuhrwerk nickt. „Allerdings eher an der Ausgabe und nicht am Herd. Ich habe das Gefühl, das können alle anderen viel besser als ich.“ Während er das sagt, steht er in einer blitzblank geputzten Großküche. Es ist 15 Uhr und sein Tagewerk an diesem Ort bereits vollbracht. Die Adresse: Sophienblatt 33. Hier befindet sich das Hauptgebäude der Provinzial-Versicherung in Kiel – und der neue Arbeitsplatz des Spitzenkochs.
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Wie auch an seinem bisherigen, dem Landhotel Ole Liese in Panker, trägt Volker Fuhrwerk eine weiße Kochjacke, in die sein Title eingestickt ist. Auf den Michelin-Stern, der sie dort zusätzlich zierte, verzichtet er in Kiel. Theoretisch dürfte man ihn wohl noch einen Sternekoch nennen. Praktisch ist er bei der Versicherung seit Anfang Oktober der „Abteilungsleiter des Betriebsrestaurants“.
Sternekoch Fuhrwerk: „Die Arbeit sollte mit der Freizeit in einem gewissen Verhältnis stehen.“
Vom Sternekoch zum Kantinier: Der 42-Jährige weiß, dass er in den nächsten Wochen noch oft darüber sprechen wird, wie es dazu gekommen ist. Als der gebürtige Wittenberger vor über zehn Jahren von Berlin nach Panker wechselte, machte er die Ole Liese rasch zu einem Hotspot in der kulinarischen Topografie Schleswig-Holsteins.
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Im Handumdrehen kochte er sich in den Sternenhimmel des Michelin, wurde beim NDR zum TV-Koch und entwickelte eine von den hiesigen Produktwelten geprägte Handschrift. Passend dazu realisierte er auf dem Gut jüngst den größten Küchengarten des Nordens. Und jetzt der Schritt in die Kantine?
Es sei in der Coronazeit gewesen, als er sich zum ersten Mal darüber Gedanken gemacht habe, ob er den seit Anfang seiner Kochkarriere eingeschlagenen Weg immer weitergehen wolle, sagt Fuhrwerk. „Meine Grundüberlegung battle, dass die Arbeit mit der Freizeit auch einmal in einem gewissen Verhältnis stehen sollte.“
Die Ole Liese battle für Volker Fuhrwerk „eine kleine Liebe“
Einen Satz wie diesen hört man in der Gastronomie derzeit allerorten. Doch dem Mann aus der Lutherstadt hätte man auch zugetraut, dass ihn am Ende seiner Reflexionen ein „Hier stehe ich und kann nicht anders“ in der Sterneküche gehalten hätte.
Fuhrwerk spricht von seiner Leidenschaft als Koch und seiner Loyalität zur Olen Liese, die für ihn in den letzten zehn Jahren „eine kleine Liebe“ battle. Dann spricht er von der Anzeige der Provinzial, die so sympathisch formuliert gewesen sei, dass er einer Bewerbung nicht habe widerstehen können.
Das erste Bewerbungsgespräch in Kiel lief intestine, für das zweite traf er auf den Finnen Ville Lammi, den Hauptabteilungsleiter beim Provinzial-Konzern. „Das battle eines der besten Gespräche, die ich in Arbeitszusammenhängen je geführt habe“, sagt Fuhrwerk. Dass Lammi selbst ein ehemaliger Spitzenkoch ist, dürfte diesen Eindruck noch verstärkt haben.
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Diesen Ort haben die Michelin-Inspektoren nicht auf ihrer Liste: Volker Fuhrwerk in der Großküche der Versicherung.
© Quelle: Thomas Eisenkrätzer
Volker Fuhrwerk führt den Besucher durch das Erdgeschoss der Provinzial. Neben der Küche liegt der Speisesaal, daneben die Cafeteria. An den Spitzentagen der Woche essen hier 400 Menschen. „In gewisser Weise unterscheidet sich so ein Unternehmen gar nicht so sehr von einem Resort“, sagt der Koch, „nur dass die Leute hier nicht schlafen.“
Seit einiger Zeit spendiert die Provinzial ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Mittagessen. Ein Profit, mit dem die Versicherung deren Leistung zusätzlich honoriert. Er selbst wolle seine Fähigkeiten dergestalt in die Kantine einbringen, dass hier noch frischer und regionaler gekocht wird. Sie solle ein „Really feel-good-Ort“ werden, an dem das Essen interessant und lecker ist, die vegetarische Küche einen höheren Stellenwert genießt und sogar der Süßigkeiten-Automat einen gesünderen Inhalt verwahrt.
Das alles klingt intestine, und man glaubt dem Koch, dass er bei seiner Entscheidung auf sein Bauchgefühl gehört hat. Nicht nur von seinem Crew sei er in Kiel herzlich empfangen worden — einige seiner neuen Gäste wollten immediate ein Selfie mit dem prominenten Ankömmling. Und der Stern, die Gourmets, der NDR? Mit Letzteren stehe er gerade über eine Fortführung seiner TV-Auftritte in Austausch, antwortet Fuhrwerk. „Die Spitzenküche ist ja nichts, was man so einfach abwerfen kann.“
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Dementsprechend will er zudem die Eventreihe „Kochkarussell“ mit Mathias Apelt vom Flygge und Nico Mordhorst vom Bootshaus weiterdrehen. Zum ersten Mal habe er jetzt Zeit, sich mit den beiden auch einmal auf einen Nachmittagskaffee zu treffen: „Ich besuche sie dafür in ihren Eating places, bevor der Stress da so richtig losgeht“, sagt Fuhrwerk und lacht.
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Wenn er dann nach Hause fährt, muss er sich derzeit allerdings allein beschäftigen. Seine Frau Yasmin arbeitet weiter in der Olen Liese, seit Kurzem sogar als deren Geschäftsführerin. „Dass ich nicht mehr den ganzen Tag mit ihr zusammenarbeiten kann, ist wirklich das Schwerste an meinem Wechsel“, bekennt der frisch gebackene Kantinenchef. „Wir waren eine ziemlich dicke Einheit.“
KN