Nancy Faeser ist am Ende. Weder als hessische Ministerpräsidentin ist sie gewollt noch als Bundesinnenministerin geeignet. Letzteres haben ihre vielen handwerklichen, kommunikativen und taktischen Fehler der letzten zwei Jahre gezeigt. Ersteres haben ihr nun auch die hessischen Wähler eindrucksvoll bestätigt. (Die SPD erhielt laut ZDF-Prognose nur 15 Prozent, die CDU 34,5 Prozent.) Nicht einmal die Hälfte der Stimmen, die Boris Rhein auf die CDU vereinigen konnte, warfare Faeser laut erster Prognose in der Lage zu holen – und dass trotz ihrer Dauerpräsenz in den Medien, dank ihrer Ministerrolle.
Zu viele Hypotheken hatte die Innenministerin in den vergangenen zwei Jahren angehäuft. Zuallererst warfare da der Umgang mit dem Chef des BSI, Arne Schönbohm, den sie nach Vorwürfen von Jan Böhmermann plötzlich seines Amtes enthob. Vorwürfe, sie hätte zu seiner Abberufung den Geheimdienst instrumentalisiert, wollte sie erst im Innenausschuss zweimal nicht ausräumen. Als sie es später versuchte, gelang es ihr nicht.
Schönbohm verklagt Faeser wegen Mobbings, das Innenministerium wegen Verstoßes gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht und das ZDF wegen unwahrerer Berichterstattung und Rufschädigung auf 100.000 Euro. Tatsächlich hat Faesers Paktieren mit dem ZDF-Komiker zum Gegenteil geführt als das, sie wollte. Faeser wurde nicht als aufrechte, unbestechliche, unabhängige Ministerin wahrgenommen, sondern als eine, die mit den Öffentlich-Rechtlichen kungelt. So stärkte sie am Ende jene Rechten, die sie doch eigentlich bekämpfen will. Die AfD liegt laut Hochrechnungen bei 16 Prozent, gleichauf mit der SPD.
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Dabei hatte die Ministerin eine echte Likelihood in diesem Wahlkampf. Sie hätte sich ganz und gar auf ihr Amt als Innenministerin konzentrieren und das Land tatsächlich vor die Partei stellen können. Im Februar hatte sie sogar angekündigt, gar keinen Wahlkampf machen zu wollen. Doch wie bei so vielem bei Faeser warfare auch das nicht ernst gemeint, sondern reine Taktik. Stattdessen meldete sie sich zwischendurch sogar krank, um dienstliche Termine absagen und der Presse Interviews als Spitzenkandidatin geben zu können.
Hätte Faeser sich ganz auf die ihr Amt konzentriert und dabei Ergebnisse in der Migrationsfrage erzielt, sie hätte sich Respekt erwerben können. Dafür hätte sie sich jedoch von der laxen Linie des Bundeskanzlers und der Grünen früh emanzipieren und die Grenzkontrollen, Rückführungsanstrengungnen und EU-Verhandlungen vorantreiben müssen.
Sie hätte sich auch öffentlich gegen die Zögerlichkeit der Ampel stellen müssen. Doch hatte sie sich diese Possibility in dem Second genommen, als sie ankündigte, auch bei einer Niederlage in Hessen Innenministerin in Berlin bleiben zu wollen. Damit warfare sie von Scholz‘ Wohlwollen abhängig und unfrei. Dass Scholz ihr das Amt der Innenministerin ohne jegliche vorherige Erfahrung in der Leitung irgendeiner Behörde überhaupt übertrug, wird sicher als eine der besonders schlechten Wahlkampfhilfen in die Gesichte eingehen.
Einen letzten Dienst könnte Faeser dem Land nun erweisen. Sie sollte, wie Christine Lambrecht es tat, als der Kanzler sich über Monate weigerte, die Verteidigungsministerin zu entlassen, selbst den Hut nehmen.
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