Die August-Daten sehen zwar intestine aus, Grund für Euphorie sind sie aber nicht. Nach dem Motto: Ein guter August macht noch keinen Turnaround. Zum Beispiel hat die oben bereits angesprochene Zunahme der industriellen Aktivität eher staatliche als personal Unternehmen begünstigt: Der industrielle Mehrwert stieg bei staatlichen Unternehmen um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bei privaten Unternehmen jedoch nur um 3,4 Prozent. Das Wachstum bei den Investitionen in Anlagevermögen hat sich ebenfalls zugunsten staatlicher Unternehmen verschoben, die ihre Ausgaben um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöhten. Personal Unternehmen hingegen reduzierten ihre Ausgaben um 2,2 Prozent. Damit die Erholung anhält, muss die Beteiligung privater Unternehmen steigen. Der Anstieg im Einzelhandelsumsatz ist ein positives Zeichen, aber das Wachstum liegt immer noch weit unter der durchschnittlichen Expansionsrate von 8,1 Prozent, die 2019 vor der Pandemie verzeichnet wurde.
Und obwohl ein Rückgang der städtischen Arbeitslosenquote um 10 Basispunkte auf 5,2 Prozent im letzten Monat ein weiteres gutes Zeichen ist, veröffentlicht das Statistikamt keine Daten zur Jugendarbeitslosigkeit mehr. Und die stand bei 21,3 Prozent im Juli und wird sich in den Sommermonaten kaum verbessert haben, da dies bekanntlich die Hochphase ist, wenn die Uni-Absolventen in den Arbeitsmarkt drängen. Um die Erholung des letzten Monats aufrechtzuerhalten, muss die verbesserte wirtschaftliche Aktivität über das staatlich getriebene Wirtschaftswachstum hinausgehen. Und das erfordert die Stärkung des Unternehmensvertrauens sowie die Ermutigung der Haushalte zum Ausgeben und die Belebung oder zumindest Stabilisierung des Immobiliensektors. Einmal verlorenes Vertrauen auf Seiten der Verbraucher lässt sich nicht auf Knopfdruck wiederherstellen. Denn 70 Prozent der Vermögenswerte einer typischen chinesischen Familie steckt in ihren Immobilienwerten.
Das über Jahrzehnte erfolgreiche Wachstumsmodell Chinas ist ein und für alle mal an seine Grenzen gelangt. Der Immobiliensektor mit seinem 30 Prozent-Anteil am BIP muss zukünftig durch andere Wertbeiträge teilweise ersetzt werden. Hier kommt der Rolle des privaten Verbrauchs eine wesentliche Rolle zu. Der personal Konsum macht bisher weniger als 40 Prozent des BIP Chinas aus, verglichen mit einem weltweiten Durchschnitt in anderen Ländern von ungefähr 60 Prozent. Die mittel- bis langfristig volkswirtschaftlich notwendigen Vermögenstransfer hin zu den privaten Haushalten machen einschneidende und schmerzhafte Reformen notwendig. Ob der politische Wille dazu vorhanden ist, wird sich zeigen müssen. Jedenfalls scheint nun klar, dass die große Bazooka nicht aufgefahren wird. Zwar hätte die noch gering verschuldete Zentralregierung, anders als die Lokalregierungen, die nötige Feuerkraft, um grosse Infrastrukturpakete zu verabschieden. Es mangelt aber schlichtweg an Projekten, die noch eine angemessene Kapitalrendite versprechen. Wie in den USA Schecks an die eigene Bevölkerung zu verteilen, wird von Xi Jinping mit Verweis auf das in China verpönte “Welfarism” verworfen.
Dass das Bild trist ist, zeigen auch die Reaktionen am Kapitalmarkt: Der MSCI China und der CSI300 Index präsentieren sich derzeit mit günstigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 10 bzw. 11. Diese Werte liegen mit 18 Prozent bzw. 11 Prozent weit unter ihren 5-Jahres-Durchschnitten. Noch bemerkenswerter ist, dass sie 40 Prozent bzw. 30 Prozent unter den Aktienbewertungen von Industrie- und Schwellenländern ohne China liegen. Ein klares Sign, dass diese Indizes am unteren Ende ihrer historischen Bewertungsspannen angelangt sind. Ein interessanter Pattern ist bei Hedgefonds zu beobachten. Sie haben ihre ursprünglichen China Reopening Positionen quick vollständig abgebaut. Auch die Supervisor regulierter offener Fonds sind vorsichtig geworden. Beim Northbound Inventory Join sieht es nicht anders aus, wo wir den größten Ausverkauf seit der Einführung des Join-Programms im Jahr 2014 gesehen haben: 11 Milliarden Greenback innerhalb von 13 aufeinanderfolgenden Tagen im August.
Die Wirtschaft Chinas ist nicht dort, wo sie sein sollte. Das Wachstumsziel von etwa 5 Prozent für dieses Jahr, das allen Beobachtern im März noch als “lowballing” erschien, kann mittlerweile als ansehnliches Ergebnis gelten. Wie sagte Xi Jinping doch gleich in der letzten Sitzung des Politbüros Ende Juli, wo es hauptsächlich um Wirtschaftsfragen ging?
“Nachdem sich die Prävention und Kontrolle der Epidemie stabilisiert hat, ist die wirtschaftliche Erholung ein Prozess wellenartiger Entwicklung und gewundener Fortschritte.”
Die Partei hat zwar nicht immer Recht, aber manchmal dann doch.